Das Bilddenken ist die Sprache des Bereichs im Gehirn, in dem sich auch unsere Gefühle „spiegeln“: das ist der entwicklungsgeschichtlich mittlere Gehirnteil, (Zwischenhirn oder Säugerhirn). Zur Zeit der Säugetier-Entwicklung wurde noch nicht so viel ‚gesprochen’ – das Tier „denkt“ vor allem in Bildern. Auch wir Menschen bewegen uns viel in diesem Feld, stellen uns z.B. Handlungen oder Ziele bildlich vor. Beide Fähigkeiten, das Wortdenken und das Bilderdenken arbeiten zusammen, um Entscheidungen zu treffen.
Um vom Denken, von der Erkenntnis – welche wir durch Vermittlung unseres jüngsten Gehirnteils, dem Großhirn bzw. Frontallappen erlangen – in die Umsetzung derselben zu gelangen, ist es optimal, den oben genannten älteren Bereich im Gehirn mit anzusprechen. Er bietet den Zugang zu Bildern und Emotionen.
Der Schatz unserer Imaginationen und inneren Bilder kann uns bei der Veränderung unserer alten „Muster“ hilfreich sein. Wenn wir uns bildnerisch ausdrücken, bewegen wir uns auf dieser Ebene.
Das ist ein Grund, einmal eine therapeutische Begleitung zu wählen, die zusätzlich zur verbale Ebene andere Bereiche einbezieht (das sogenannte Linkshirn-Denken). Wieder die rechte Hirnhälfte zu ’nutzen‘, in der wir uns beim nutzenorientierten Denken und Handeln weniger bewegen… Selbst wenn wir mittlerweile wissen, dass diese Bereiche nicht streng getrennt sind, sondern immer zusammen wirken, vereinfachend sprechen wir vom rechtem bzw. linken Gehirnteil. Ich gehe davon aus, dass dieses nur ein Werkzeug ist, mit dem unser Geist, unsere Seele ihre Impulse umsetzen kann.
Der Umgang mit Farben, Formen, Linien, Ton und anderen Materialien ermöglicht basale Sinneserfahrungen und stärkt die sensorische Integration (Sensorische Integration. Jean Ayres (* 1920; † 1989) definierte sensorische Integration als „den neurologischen Prozess, der Sinneseindrücke aus dem eigenen Körper und aus der Umwelt organisiert und es uns ermöglicht, den Körper effektiv in der Umwelt einzusetzen“ (Ayres 1972, S. 11). Sensorische Integration bedeutet, dass die verschiedenen Wahrnehmungsbereiche (wie Tastsinn, Sehsinn, Hörsinn) miteinander in Verbindung kommen. Es ist die Integration aller sinnlich aufgenommenen Informationen. Sie werden in Nervensystem und Gehirn verarbeitet und gedeutet, damit wir der Situation entsprechend handeln können. Sensorische Integration kann auch als „Wahrnehmungsverarbeitung“ bezeichnet werden – wir tun dies ein Leben lang.)
In unserer großenteils fremdbestimmten und immer stärker virtuell dominierten Lebenswelt ist es wohltuend, etwas mit den eigenen Händen zu schaffen. Das ermöglicht die Begegnung mit einem anderen Teil von uns selbst.
In der kunsttherapeutischen Begleitung schauen wir zusammen auf Ihr Bild oder Ihre Plastik und entwickeln gemeinsam einen Weg, der immer wieder neu abgestimmt wird. Das was sich zeigt, ins Bewusstsein zu heben, ist ein Aspekt des Therapeutischen. Dadurch wird das Bilderdenken verknüpft mit dem bewussten Denken.
Sie beginnen, eine zunehmende Selbstermächtigung zu erleben:
Sie tun selbst etwas für Ihr Wohlbefinden, für mehr Lebensqualität und eine Besserung, Sie bleiben nicht passiv anderen Menschen, dem Schicksal oder einer Krankheit ausgeliefert. Das probieren Sie im Kleinen, also im ‚Werk’, aus und erleben die Wirksamkeit. Sie üben fürs „reale“ Leben.
Werden Konflikte oder das, was unlösbar scheint, mit künstlerischen Materialien ausgedrückt, können Sie ein Bild oder Symbol dafür finden. Mit dem wird, gearbeitet, es kann besprochen, verändert werden. Es kann so in den Bereich des Verstehbaren, Veränderbaren rücken.
Und wo eine Situation in Bewegung gerät, werden alte Erfahrungsmuster verändert.